Carmen 65 (in German by Pascal Peikert) |
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Untröstliche Trauer hat mich erschöpft; Kummer entfremdet mich, mein
Ortalus, den jungfräulichen Musen und ihrem gelehrten Spiel. Mein Geist
und Sinn vermag keine lieblichen Musenfrüchte hervorzubringen, denn er
selbst schwebt in tiefstem Leid. Hat doch erst jüngst eine Welle vom
Sethestrom den blassen Fuß meines Bruders bespült. Ihn hat trojanischer
Boden am rhoeteischen Strand meinen Augen entrissen und bedeckt ihn nun.
Niemals werde ich zu dir sprechen, nie dich von deinen Taten erzählen
hören, nie dich, mein Bruder, der mir lieber ist als mein Leben,
wiedersehen, aber ich werde dich immer lieben, immer Lieder singen, voll
Schmerz über deinen Tod, gleich wie im dichten Schatten der Zweige die
Daulias um den toten Itylus seufzt. Dennoch schicke ich dir, Ortalus,
trotz all meiner Trauer diese Übersetzung von Gedichten des Battus-
Sohnes, damit du nicht denkst, du hättest deine Worte in den Wind
geredet und sie seien mir entfallen: So fällt vom keuschen Schoß eines
Mädchens ein ihr vom Verlobten heimlich zugeschickter Apfel, den die
Ärmste unter ihr sanftes Kleid gesteckt und dort vergessen hat. Jetzt,
da sie bei der Ankunft der Mutter aufspringt, wird er herausgeschleudert
und rollt unaufhaltsam abwärts, während dem Mädchen Scharmröte ins
Gesicht schießt.
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© copyright 25-3-2007 by Pascal Peikert |
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